Richtig Grenzen setzen kannst Du lernen

 

Du kennst wahrscheinlich das flaue Gefühl im Magen oder den Knoten im Bauch, die sich einstellen, wenn jemand Deine Grenzen übertritt. Manchmal flammt auch Ärger in uns auf. Wenn es ganz dicke kommt, brodeln wir womöglich vor Wut. Dies passiert gewöhnlich dann, wenn unsere Grenzen bereits schwer strapaziert oder verletzt wurden und unser Gegenüber das von uns gesetzte Stopp schlichtweg missachtet hat.

Wie Du richtig Grenzen setzen und diese früh für Dich erkennen kannst, erfährst Du in diesem Artikel. Hier nun die sieben Ideen, die Dir dabei helfen werden.

 

1. Erlaube Dir eigene Grenzen

 

Unsere persönlichen Grenzen können sehr unterschiedlich ausfallen. Ist bei dem Einen bereits empfindliches Terrain betreten, so mag ein Anderer noch über weiten Spielraum verfügen, bis sein persönliches Stopp erreicht ist.

Gerade weil unser Empfinden für erlaubtes und nicht erlaubtes Verhalten individuell ausfällt, erleichtert es das Leben sehr, wenn wir unsere Grenzen für andere deutlich machen. Es entsteht darüber eine Transparenz, die uns für unser Umfeld einschätzbar und greifbar macht. Unsere Mitmenschen erfahren hierüber, mit wem sie es zu tun haben und woran sie sind. Dies gibt ein Gefühl von Sicherheit im Miteinander. Davon abgesehen wird genau diese Eigenschaft von unseren Spielpartnern meistens als angenehm, attraktiv und stark empfunden.

Es lohnt sich also doppelt für Dich, richtig Grenzen setzen zu lernen.

 

2. Wisse, dass andere Menschen andere Grenzen haben

 

Jeder von uns hat eigene, absolut individuelle und andere Grenzen. Die Grenzgebiete zweier oder mehrerer Menschen bilden dabei gegebenenfalls eine Schnittmenge, decken sich jedoch selten bis auf’s Haar.

Daher müssen wir uns immer wieder über unsere persönlichen Grenzpfeiler austauschen, denn wir können die Toleranz- und Schmerzgrenzen unserer Zeitgenossen nicht von vornherein erahnen oder kennen. Ebenso kann Dein Gegenüber nicht persé wissen, wo genau Dein empfindliches Terrain beginnt.

Kleinere Überschreitungen der Grenzlinien passieren also beiderseits immer wieder einmal, oftmals unwissentlich und ohne böse Absicht, sondern einfach, weil wir so verschieden sind. Das ist quasi normal. So lange sich diese Verstöße in einem gut verträglichen Rahmen und Maß befinden, können wir meist großzügig darüber hinwegsehen und Toleranz hierfür aufbringen.

 

3. Erkenne Deine unterschiedlichen Handlungsspielräume

 

Heikel wird es, wenn sich die Grenzüberschreitungen häufen oder für uns wichtige Grenzen mit Siebenmeilenstiefeln übersprungen werden.

In diesem Zusammenhang finde ich die Vorstellung hilfreich, dass jeder von uns verschiede, unsichtbare „Grenzbereiche“ (Toleranzbereich, Schmerzbereich, Wunder Punkt) in sich trägt, in welchen die einzelnen „Grenzeringe“ wie die Jahresringe eines Baumstammes verlaufen (siehe Skizze). Die „Grenzringe“ stellen dabei unsere persönlichen Grenzen dar. Dieses vereinfachte Modell habe ich vor einigen Jahren entwickelt, um meinem Kind das Thema Grenzen zu veranschaulichen.

Richtig Grenzen setzen 2

 

Überschreitet jemand unsere weiten Grenzen, also die äußeren Ringe (Toleranzbereich in Hellgrau), so können wir damit recht gelassen umgehen und darüber hinwegsehen. Dabei steht uns viel Handlungsspielraum zur Verfügung, wir sind nicht festgefahren auf ein Reaktionsmuster und können bewusst auf die Situation reagieren.

Fallen die Grenzüberschreitungen jedoch nicht mehr in den weiten Bereich, weil wir zum Beispiel sehr spät merken, dass jemand unsere Grenzen überschreitet oder er/ sie dies immer wieder tut, so gelangen wir ab einem gewissen, individuellen Punkt zu den innen liegenden Grenzringen in unseren persönlichen Schmerz-Bereich (Dunkelgrau).

Bildlich gesehen sind unsere Grenzen auf diesem Terrain deutlich empfindlicher und enger geschnürt. Auch verkleinert sich unser Handlungsspielraum in diesem Bereich extrem, da wir hier weniger tolerant sein können. Wenn gar ein „wunder Punkt“ in uns berührt wurde, schalten wir zumeist blitzschnell auf „Alarmstufe Rot“ und greifen (unbewusst) auf unsere individuellen Notfallprogramme (Flucht, Starre, Kampf) zurück. Unser Handlungsspielraum reduziert sich damit häufig auf nur noch ein Verhaltensmuster.

 

4. Nimm Deine Grenzen aufmerksam wahr

 

Daher ist es sehr lohnenswert, die eigenen Grenzen gut zu kennen. Dies gelingt Dir über Deine Wahrnehmung.

Dein ungutes Gefühl zeigt Dir nämlich irgendwo in Deinem Körper an, wann es Zeit wird, Dich für das Wahren Deiner persönlichen Grenze stark zu machen. Und je sensibilisierter Du dafür bist, umso früher bemerkst Du diese Signale und kannst ihnen folgen.

Hierzu einige Fragen, die Du Dir stellen kannst:

  • Wie gut spürst Du Deine eigenen Grenzen?
  • Merkst Du recht schnell, dass gerade etwas für Dich unpassend verläuft und reagierst Du darauf unmittelbar?
  • Oder wird Dir erst in dem Moment bewusst, dass Deine Grenzen übertreten wurden, in dem schon Ärger oder Wut in Dir aufsteigen?

Fakt ist: Je besser Du Dich kennst und je genauer Du Deine eigenen Grenzen wahr nimmst, umso früher kannst Du darauf reagieren.

Das wiederum erleichtert nicht nur Dir das Leben, sondern auch Deinem Umfeld.

 

5.  Je frühzeitiger Du reagierst, umso besser

 

Wenn Du nämlich Deine Grenzen in einem frühen Stadium der (drohenden) Überschreitung spürst und ernst nimmst, hast Du den entscheidenden Vorteil, dass Du wesentlich souveräner darauf reagieren kannst.

Denn ist erst ein tief liegender, wunder Punkt in uns getroffen, so spulen wir gewöhnlich nur noch unser persönliches Notfall-Programm (Flucht, Kampf oder Starre) ab. Dies passiert dann meist auf wenig charmante Weise, weil wir den Zeitpunkt einer frühen Grenzüberschreitung mit viel Handlungsspielraum verpasst haben und unser Verhaltensrepertoire zwischenzeitlich extrem eng geworden ist (siehe Skizze). Auch ist die Chance groß, dass in diesem Moment das Notfall-Programm unseres Gegenübers ebenfalls aktiviert wird, womit die Situation noch herausfordernder werden dürfte.

Schaffst Du es jedoch, Deine persönlichen Grenzen früh wahrzunehmen und entsprechend darauf zu reagieren, so bleibt Dir ein großer Handlungsspielraum erhalten (siehe Skizze). Du kannst in diesem Fall emotional besser für Dich sorgen sowie für Deinen Gesprächspartner offen bleiben.

 

6. Richtig Grenzen setzen: Beobachtung ist der Schlüssel

 

Wenn es Dir schwer fällt, Deine persönlichen Grenzen zu spüren, so kannst Du dies üben, indem Du Dich möglichst genau beobachtest. Oftmals sind wir mit unserer Aufmerksamkeit stark beim anderen und nehmen uns selbst dadurch nur schwach wahr.

In diesem Fall kannst Du schnell zu Dir zurück kehren, indem Du Deinen Fokus auf Deinen Körper richtest. Folgende Fragen können Dir dabei helfen:

  • Wie fühlst Du Dich gerade?
  • Welche Signale sendet Dir Dein Körper?
  • Spürst Du irgendwo Druck, Stress, Verspannungen oder andere Symptome?

Nimm aufmerksam wahr, was da gerade in Dir passiert. Es gibt Dir großen Aufschluss darüber, was Du jetzt brauchst.

 

7. Stehe für Deine Grenzen ein

 

Damit auch Dein Gesprächspartner weiß, wo Du gerade stehst, ist es wichtig, Deine Grenzen klar zu kommunizieren.

Manche Menschen haben – aus Angst nicht mehr gemocht zu werden – echte Hemmungen vor diesem Schritt. Allerdings ist er unerlässlich.

Denn wenn Du Deine Grenzen nicht deutlich machst, bist Du wie ein Spielball für andere, wirst wenig respektiert und leicht ausgenutzt. Damit Dir dies nicht passiert, ist es notwendig, Deine persönlichen Grenzen zu kennen, zu wahren und auszudrücken.

Dabei hilft es sehr, klar zu sein. Kommuniziere im positiven Sinne, was Du willst statt aufzuzeigen, was Du alles nicht willst.

Das mag vielleicht selbstverständlich klingen und fällt doch oft schwer, weil wir den Fokus gerne auf das richten, was wir nicht wollen. Leichter bekommen wir jedoch, was wir ersehnen, indem wir uns auf unser positives Ziel konzentrieren. Und auch unser Gesprächspartner weiß mit dieser Information meist sehr viel mehr anzufangen, als mit einem Katalog unserer NO-GOs.

 

Fazit

 

Eine gesunde Abgrenzung ist ein Zeichen des Selbstrespekts und unerlässlich für ein gelingendes Miteinander.

Gestehst Du Dir und anderen persönliche Grenzen zu und nimmst diese aufmerksam und frühzeitig wahr, so kannst Du Dich gleichermaßen stark wie beherzt für sie einsetzen, wenn es wichtig für Dich ist.

Je früher Du dabei reagierst, desto souveräner wirst Du Dich verhalten können und desto größer wird Dein Handlungsspielraum sein.

Alles, was Du dafür brauchst, ist Deine aufmerksame Selbstbeobachtung, Bewusstsein und die nötige Übung.

Wie ergeht es Dir bei dem Thema „Richtig Grenzen setzen“? Ich bin gespannt auf Deinen Kommentar und wünsche Dir interessante Beobachtungserkenntnisse!

Herzliche Grüße

Deine Susanne